Krankenversicherung
Wir bleiben wie in den vergangenen zwei Podcast-Beiträgen – aus meiner Serie „Finanzen verstehen, richtig entscheiden“ – auch in diesem Beitrag im Themenfeld „Versicherungen“. Allerdings wird es heute heikel, denn es geht um die Wahl der für Sie richtigen Krankenversicherung.
Zwei Systeme
In Deutschland haben wir zwei parallel laufende Krankenversicherungssysteme: die private (PKV) und die gesetzliche (GKV) Krankenversicherung. Wobei „zwei Systeme“ die sachliche Beschreibung für eine gesellschaftlich gefühlte „Zweiklassenmedizin“ ist. Fakt ist, dass Privatversicherte häufig schneller einen Termin bekommen, freie Arzt- und Krankenhauswahl haben und unter Umständen sogar eine Therapie im Ausland wählen können; unterm Strich schlicht bevorzugt behandelt werden. Und trotz dieser Zweiklassenmedizin genießen wir in Deutschland eine der besten medizinischen Versorgungen im internationalen Vergleich. Die gesetzliche Krankenversicherung ist die Errungenschaft des 20-sten Jahrhunderts und sucht ihresgleichen in der Welt. Und in Deutschland haben Einwohner/-innen – in bestimmten Situationen – die Wahl, wie sie sich krankenversichern. In jedem Fall gilt hierzulande Versicherungspflicht, das heißt, wenn jemand nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, muss der- oder diejenige eine adäquate Ersatzlösung vorweisen. Pflichtversichert sind in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland grundsätzlich alle Angestellten mit einem Einkommen unter aktuell 60750 Euro pro Jahr (Stand 2019), alle Auszubildenden, alle Studierenden bis zum 30-sten Lebensjahr oder bis zum 14-ten Fachsemester, alle Empfänger/-innen von Arbeitslosengeld I und II und alle Rentner/-innen, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Darüber hinaus gibt es noch Familienversicherte. Das sind all jene, die über ein anderes Familienmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert sind, also Ehepartner und Kinder bis zu einem Alter von maximal 25 Jahren ohne Einkommen (unterhalb der 450 Euro-Minijob-Grenze). Und dann gibt es noch die freiwilligen Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das sind jene, die im Anschluss an die Versicherungspflicht oder die Familienversicherung einfach dort versichert geblieben sind. Die private Krankenversicherung können hingegen nur die Personengruppen nutzen, die entweder als Angestellte ein Einkommen über 60750 Euro pro Jahr (Stand 2019) erwirtschaften, die selbständig oder verbeamtet sind. Allerdings gibt es auch für jedes GKV-Mitglied die Möglichkeit, sich privat zusatzzuversichern. Das hat allerdings seinen Preis. Und aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass viele meiner Kunden/Kundinnen der Überzeugung sind, dass eine Krankenversicherung nichts bis möglichst wenig kosten darf. In meiner Welt ist Gesundheit das höchste Gut und die Versicherung dessen darf durchaus etwas kosten. Der Wahl, der für Sie richtigen Krankenkasse und -versicherung sollte demzufolge immer eine System- und nie eine Preisentscheidung zugrunde liegen.
Zwei Klassen
Damit Sie für sich die richtige Entscheidung treffen können, erläutere ich nachfolgend die grundsätzlichen Unterschiede beider Systeme: Der gesetzlichen Krankenversicherung liegt ein Umlageverfahren zugrunde. Die Einnahmen werden demnach direkt für die Ausgaben verwendet und über Steuerzuschüsse in Milliardenhöhe ausgeglichen. Die GKV-Einnahmen sind die Mitgliedsbeiträge, die einkommensabhängig sind. Die PKV hingegen finanziert sich über das Kapitaldeckungsverfahren. Für jede/-n Versicherte/-n – auch für jedes Familienmitglied – wird der Beitrag alters- und risikoabhängig individuell kalkuliert. Grundlagen dafür sind das Eintrittsalter zu Vertragsbeginn, Beruf, Gesundheitszustand bei Antragstellung und die gewählten Leistungen. Beide Systeme passen ihre Beiträge entsprechend ihrer Leistungserbringung periodisch an. In der gesetzlichen Krankenversicherung gelten dabei das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Sachleistungsprinzip. Die Leistungen sind mithin gesetzlich festgeschrieben, weshalb es auch kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen gibt. Die GKV rechnet direkt mit den Vertragsärzten ab und hält damit den Verwaltungsaufwand gering. Die private Krankenversicherung hingegen erstattet individuell nach dem jeweils gewählten Tarif. Es gilt das Kostenerstattungsprinzip, wobei die Ärzte mit den Patienten/Patientinnen abrechnen, die sich wiederum ihre Rechnung von der PKV erstatten lassen. Das schafft Transparenz zum Preis eines allerdings vergleichsweise hohen Verwaltungsaufwands.
Vier Fragen
In diesem komplexen Geflecht sollten Sie sich bei der Wahl einer passenden Krankenversicherung vier Fragen als Entscheidungshilfe stellen: 1. Wer behandelt mich? In der GKV sind das die diensthabenden Krankenhausärzte oder die Vertragsärzte. In der PKV die Ärzte Ihrer Wahl. 2. Wie werde ich behandelt? In der GKV gibt es Behandlungsmethoden gemäß den vorgeschriebenen Regelleistungen nach Sozialgesetzbuch (Nr. 5), eine Arzneimittelverordnung unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und festgeschriebene Arzthonorare. Auch sind Leistungskürzungen seitens der GKV einseitig möglich und in Punkto Zahngesundheit gibt es eine Regelversorgung mit Festzuschuss. In der PKV ist die Behandlungsmethode frei wählbar, jedes anerkannte Arzneimittel kann ärztlich verordnet werden und Arzthonorare sind frei – entweder im Rahmen der Gebührenordnung oder auch darüber hinaus. Die Leistungen sind dem gewählten Tarif entsprechend vertraglich vereinbart (auch im Fall der Zahngesundheit) und von Seiten der Versicherung nicht einseitig kürzbar. 3. Wo werde ich behandelt? In der GKV wahrscheinlich in einem Mehrbettzimmer im nächstgelegenen Vertragskrankenhaus. In der PKV haben Sie auch hier die freie Krankenhauswahl und je nach Tarif ein Einzel- oder Zweibettzimmer. 4. Wann werde ich behandelt? In der GKV sind Wartezeiten auf medizinische Versorgung um ein Vielfaches wahrscheinlicher als in der privaten Krankenversicherung. Insbesondere die beiden letzten Aspekte verdeutlichen für mein Empfinden sehr klar, dass Sie in den guten PKV-Tarifen deutlich besser versichert sind als im gesetzlichen System. Dies darf meiner Ansicht nach auch etwas mehr kosten. Wenn Sie sich also aufgrund dieser Überlegungen für eine private Krankenversicherung entscheiden, ist es zudem sehr wichtig, sorgfältig den Tarif auszusuchen. Denn es gibt auch private Krankenversicherungstarife, die Sie deutlich schlechter stellen als die gesetzlichen. Treffen Sie also Ihre Tarifauswahl mit Sorgfalt. Und wenn Sie zu der Entscheidung gelangen, sich in der Zukunft komplett privat versichern zu wollen, dies aber aufgrund Ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit noch nicht können, schließen Sie so früh und gesund wie möglich einen so genannten Optionstarif ab. Diese Anwartschaft ist auch mit den Zusatztarifen der PKV frei kombinierbar. Womit wir bei der dritten Option angelangt sind, die bisher unerwähnt blieb: der Kosmos der Zusatztarife. Sind Sie also pflichtversichert, weil Sie unterhalb der Einkommensgrenze verdienen oder eben nicht selbständig sind, haben Sie die Möglichkeit, private Zusatzversicherungen abzuschließen. Hier ist es in meiner Welt auch wieder entscheidend, die existenziellen Risiken privat zusatzzuversichern, also nicht die neue Brille, sondern zum Beispiel die Chefarztbehandlung oder das Krankentagegeld. Für alles Beschriebene gilt: Ihre Gesundheit – Ihre Entscheidung.
Schritt für Schritt – Ausblick
Mit diesem Beitrag zum Themenkomplex „Versicherungen“ lassen wir den Budget-Planungsbereich nun hinter uns und sind damit für die nächste Etappe auf unserem Weg zu Ihrer individuellen Finanzstrategie bereit. Im folgenden Beitrag fasse ich das Bisherige für Sie noch einmal zusammen, bevor wir dann konkreter in einzelne Themen einsteigen.
Damit bis bald und ich freue mich auf Sie.
Ihre UGT